Der Verband
Der deutschen Heilstollen
© Peter Schlipf

Eine spannende Geschichte

Heilstollentherapie ist keine neue Erfindung, sondern eine Naturheilmethode, wie sie in der Bevölkerung in Osteuropa, Türkei und Zentralasien schon seit langer Zeit eingesetzt wird. Neu sind der systematische Einsatz bei speziellen Erkrankungen, die wissenschaftliche Begleitung und der Name „Speläotherapie“.

In Deutschland werden in Saalfeld bereits 1937 Inhalationskuren in den Feengrotten durchgeführt kommen aber in den Kriegsjahren 1944/45 völlig zum Erliegen. Die Grotten werden als Luftschutzbunker benötigt. Auch in der Kluterthöhle in Ennepetal suchen die Menschen Schutz vor den Bombenangriffen. 

Dann kommt es zu seiner spannenden Entwicklung: Nach dem Krieg berichten asthmakranke Besucher der Kluterthöhle in Ennepetal ihren Ärzten von der entlastenden Wirkung des Höhlenaufenthaltes. Einer von ihnen, Dr. Hermann Spannagel, beginnt mit systematischen Untersuchungen über das Klima, die möglichen Wirkungsfaktoren und die Heilerfolge in der Kluterthöhle. Schließlich veröffentlicht er seine Ergebnisse in einem ausführlichen Fachartikel in einer nichtmedizinischen Zeitschrift, den „Jahresheften für Karst – und Höhlenkunde 1961“.

Durch den Artikel verbreiten sich die Erfahrungen von der Kluterthöhle rasant. Ab 1962 kommen Anfragen aus Ungarn, Polen, Tschechien, Österreich, Frankreich und aus der Sowjetunion. In den Staaten des sogenannten Ostblocks ist das Interesse am größten. Später findet sich sogar eine Anfrage aus China. Schriftwechsel von damals zeigen eine hingebungsvolle Arbeit in einer Zeit als die Grenzen zwischen Ost und West fast unüberwindlich schienen.

1969 schließen sich die Heilstollenzentren der verschiedenen Länder zusammen und bilden die „Permanent Commission of Speleotherapy“, eine Unterabteilung der „Internationalen Union für Speleologie“ (IUS). Sie wählen Dr. Spannagel zum Vorsitzenden und Dr. Kessler aus Ungarn zum Sekretär. Ab 1971 finden mehrere internationale Speleotherapie-Symposien in verschiedenen Ländern in Ost- und Westeuropa statt.

Während das Interesse an der Speläotherapie außerhalb Deutschlands immer mehr zunimmt, wächst zuhause der Widerstand. Als einflussreiche Medizinern ein kritisches Gutachten über die Speläotherapie in der Kluterthöhle erstellen, wird diese Beurteilung zur Grundlage einer jahrelangen nervenzehrenden Auseinandersetzung. 

Der Bäderverband in Deutschland ist gespalten und der Stadt Ennepetal wird ihr Status als Heilbad aberkannt. Dr. Spannagel steht mitten in dieser dauernden Auseinandersetzung. Er ist inzwischen über 70 Jahre alt, sein enger Mitarbeiter Hubert Kessler schon älter. Beide haben auch mit Entmutigung zu kämpfen. Schließlich muss der Bäderverband 1984 den Aussschluss der Stadt Ennepetal per Gerichtsentscheid zurücknehmen. Am 13. Mai 1986 stirbt Dr. Spannagel.


Aber auch in Deutschland springt der Funke der Kluterthöhle über: Neubulach und Münstertal im Schwarzwald, Aalen am Rande der schwäbischen Alb, Bad Grund im Harz, Bodenmais im Bayerischen Wald und Pottenstein in der Fränkischen Schweiz werden zu Zentren der Speläotherapie. 1990 verbinden sich schließlich zehn Einrichtungen zum Deutschen Heilstollenverband.

Es werden Standards erarbeitet, umfangreiche Studien zu Qualitätsmerkmalen durchgeführt und die Wirksamkeit der Heilstollentherapie in einer multizentrischen kontrollierten Interventionsstudie durch die Universität Ulm nachgewiesen.

Seit 2015 ist die Heilstollentherapie in allen Bundesländern als ortsgebundenes Heilmittel zugelassen und kann innerhalb einer Kur verschrieben werden. So gibt es heute bereits fünf Orte mit Heilstollenkurbetrieb: Aalen, Neubulach, Münstertal, Saalfeld und Bad Grund.

Gerdheinrich Humpert und die Kluterthöhle

So hat es angefangen...

Nach dem schrecklichen 2. Weltkrieg begann der Lehrer und Heimatforscher August Bartz aus Ennepetal mit Aufräumarbeiten in der Kluterthöhle, um diese als Schauhöhle einzurichten. Dabei nahm er auch oft einige seiner Schüler mit.

Nach einigen Wochen fiel ihm auf, dass der Schüler Gerdheinrich (8 Jahre) jedes Mal dabei sein wollte und sich immer als erster meldete, wenn er fragte: “Wer will mit in die Kluterthöhle?“ Als der Lehrer wieder einmal mit den Schülern in der Höhle war, fragte er ihn: „Gerdheinrich, warum gefällt es dir eigentlich so gut in dieser Höhle?“ Darauf antwortete er: „Herr Lehrer, ich habe so schlimmes Asthma    und bekomme manchmal nur ganz schlecht Luft. Aber hier in der Kluterthöhle kann ich immer sehr gut atmen und es geht mir gut.“

Darüber musste der Lehrer lange nachdenken und kam zu der Vermutung, dass die Höhlenluft vielleicht Asthma heilen könnte.

Kurz darauf erzählte ihm ein Mann aus Wuppertal, er sei während der Luftschutzzeit vierzehn Tage in der Kluterthöhle gewesen und seitdem von seiner schweren Asthmakrankheit befreit.

Daraufhin wurden viele Tests und Untersuchungen durch den Arzt Dr. Spannagel und andere Wissenschaftler in der Höhle durchgeführt und die Heilwirkung wurde bestätigt.